Persönliche Gedanken zum Wahlergebnis
Ein paar Gedanken zu den Wahlergebnissen -
für Leute, die noch lesen wollen und können
Als am Sonntag im Riegelsberger Rathaus die ersten Kommunal-Ergebnisse bekannt wurden und im Fernsehen (ein Fernseher war aufgestellt) die Europa-Wahlergebnisse bekannt wurde, musste ich mich hinsetzen. Aufgrund der vielen Haustür-Gesprächen oder Gesprächen an den Wahlständen schwante mir bereits Böses. Aber dass die AfD solche Ergebnisse in Riegelsberg einfahren würde – damit habe ich nicht im Entferntesten gerechnet. Riegelsberg ist nicht Burbach und auch nicht die Folsterhöhe, wo viele Menschen leben, die eben nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen und von denen man eher eine Protestwahl erwartet. Nein, von den Einwohnern in Riegelsberg hatte ich dieses Wahlverhalten NICHT erwartet – nie im Leben.
Als ein Konjunktur-Programm für diese Partei empfand ich den furchtbaren Messer-Angriff eines Afghanen in Mannheim, bei dem ein junger Polizist starb. Am Sonntag, 2. Juni 2024. Es war ein eklatanter Einschnitt im Wahlkampf. Man konnte ab 3. Juni 2024 förmlich fühlen, für welche Partei sich die Menschen nun bei der Kommunalwahl entscheiden würden. Nur, nichts, absolut gar nichts, hat diese Messerattacke mit den kommunalen Belangen in Riegelsberg oder in anderen Städten und Gemeinden zu tun. In den Kommunen geht es um Kita-Plätze, Straßen, Schulen, Friedhöfe, Wasser usw. Was können Kandidaten für kommunale Parlamente von SPD, CDU, Grüne, FDP und Linke für diesen furchtbaren Messerangriff in Mannheim? Nichts. Aber sie wurden dafür mit den entsprechenden Wahlergebnissen abgestraft.
Ich habe nichts mehr zu verlieren, ich muss niemanden und nichts mehr beweisen und die meisten Riegelsberger kennen mich: ich bin direkt und sage, was ich denke. Egal, ob das nun gewollt ist oder nicht. Egal, ob das jetzt Mainstream ist oder nicht. Egal, ob ich anecke oder nicht. Ob das parteikonform ist oder nicht. Es gibt ein ungeschriebenes Gesetz, was Politikern untersagt, Wählerschelte zu betreiben. Ich finde, es ist höchste Zeit, mal Tacheles zu reden. Allerhöchste Zeit!
Es gab in Riegelsberg kein kommunales AfD-Wahlprogramm, keine Flyer – nichts. Die überwiegende Mehrheit der Riegelsberger Bevölkerung hat noch nicht mal gewusst, welche AfD-Kandidaten aufgestellt wurden. Es gab keine Personen-Plakate (ich hatte auch kaum Plakate gesehen…) Fast 13% der Riegelsberger Bevölkerung hat somit eine leere Blackbox gewählt, so dass sich die Anzahl der AfD-Gemeinderäte in Riegelsberg von zwei auf vier verdoppelt hat. Wie doof kann man sein?
Die AfD hat keine Anträge für eine Verbesserung der Lebenssituation der Riegelsberger Bevölkerung gestellt. In anderen Kommunen war sie in den Gemeinderatssitzungen noch nicht mal anwesend! Sie haben also die Wähler verarscht und sind trotzdem meist zweistellig wieder in diese Räte eingezogen. Oder soll ich es anders ausdrücken: Ein Teil der Bevölkerung hat sich bereitwillig verarschen lassen? Oder soll das etwa der besagte Protest sein gegen die "etablierten Parteien"? Auch hier wieder: "Wie doof muss man eigentlich sein?
Ich habe mir heute zum ersten Mal die Website der Saar-AfD angeschaut, weil ich verzweifelt ein Programm suchte oder irgendetwas, woran ich erkennen würde, was die AfD in den Kommunen eigentlich will. Als ich freudig auf „Landesprogramm“ drückte und endlich meinte, etwas gefunden zu haben, erschien nicht etwa ein Programm für die Städte und Gemeinden im Saarland. Nein, es war das Landtagswahlprogamm aus 2022.
Könnt Ihr Euch vorstellen, was dies bedeutet für fleißige Kommunalpolitiker? Für Menschen, die sich den Kopf zerbrechen, wie man ihren Ort voranbringt trotz knapper Kassen? Egal jetzt, von welcher Partei. Die stundenlang zusammensitzen und beraten über den Haushalt? Wo man am besten investiert? Ob man im Bauhof wirklich noch den dritten Rasenmäher braucht? Wie man ein Spielplatzkonzept aufbaut? Die Höhe der Zuschüsse für Vereine?
Müssen die Wasserpreise schon wieder steigen? Wie wird die Gemeinde klimaneutral? Teilweise zwei Tage hintereinander Personalauswahl-Gespräche führt und dafür z.B. extra Urlaub nimmt? Kümmert sich um die Belange der Leute, wenn man abends nach 20 Uhr noch angerufen und um Hilfe gebeten wird bei irgendeinem Problem. Und dann kriegt man im Gespräch mit Bürgern vor den Kopf geknallt: „Dafür werdet Ihr ja auch gut bezahlt….“
Spätestens dann habe ich Schnappatmung gekriegt, musste mich umdrehen und weggehen. Zum Verständnis: ein gewähltes Gemeinderatsmitglied erhält in Riegelsberg 40 Euro Aufwandsentschädigung (Fraktionsvorsitzende 80 Euro) und 25 Euro pro Sitzung (ohne Personalauswahlgesprächs-Termine). Für Gemeinderats- oder Ausschuss-Sitzungen, die oft stundenlang dauern und auf die man sich auch vorbereiten muss. Dazu kommt, dass die kleinen Fraktionen (1-3 Personen) die gleiche Arbeit stemmen müssen wie die großen mit 10 oder 12 Personen. Das ist doch eher Schmerzensgeld und die Leute, die sich trotzdem in den Gemeinderäten engagieren, tun das meist (nicht alle) aus Liebe zum Ort, aus Leidenschaft, aus Überzeugung.
Was das mit einem macht? Ich stelle mir vor lauter Frust persönlich die Frage: Warum sollte ich noch meine Freizeit, meine Wochenenden opfern? Warum sollte ich mich so leidenschaftlich einsetzen?
Wenn ich künftig Einladungen von Vereinen zu Festen erhalte, oder von Personen erhalte, ist in meinem Gehirn künftig eingebrannt: hier sitzen irgendwo ca. 13 Prozent… die die AfD gewählt haben, von der sie gar nichts wissen, was sie in unserem Riegelsberg eigentlich vorhaben. Aber das scheint ja völlig egal zu sein. Ja, diese Wahlen sind demokratisch. Und jeder hat das Recht zu wählen, wen er will. Ja. Aber ich muss doch erwarten können, dass die Leute wenigstens unterscheiden können zwischen Europa-, Bundes- und Kommunalpolitik und sich damit beschäftigen, was und WARUM sie diese oder jene Partei wählen! Wenigstens das.
Scheint aber alles scheißegal zu sein. Sollte jemand künftig über Kommunalpolitiker meckern, weiß ich genau, was ich künftig sagen werde. Knallhart und ohne Rücksicht mehr. Aber sowas von.
Ich hatte nachgerechnet: ich habe bisher 15 Wahlkämpfe hinter mir: 3 Bürgermeister-Wahlen, 4 Bundestagswahlen, 4 Landtagswahlen, 4 Kommunalwahlen – ich habe noch nie zuvor solch einen harten, verbal aggressiven und zerstörerischen Wahlkampf in Riegelsberg erlebt wie diesen. Ich werde keinen mehr führen.